Forschung, Beratung & Qualifizierung

im Bereich Fußball & Fußballfankultur

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Dialogförderung & Partizipation

 

Mediation & Konfliktbegleitung

 

Vielfalt & Anti-diskriminierung

 
 
 

Dialogförderung & Partizipation

Wenn es bei Fußballspielen zu Ausschreitungen, Gewalt, Becherwürfen oder einem Platzsturm kam, war jahrzehntelang die Antwort der Institutionen darauf: höhere Zäune, bessere Überwachung, härtere Strafen, mehr Polizei oder mehr Ordnungskräfte. Bereits in den 1980er Jahren machten Expert*innen darauf aufmerksam, dass eine wirklich nachhaltige Lösung anders aussieht. Die ersten Versuche, Soziale Arbeit mit Fußballfans zu etablieren, waren Ausdruck solcher alternativen Lösungsansätze. Langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass die vermeintlichen „Rowdys“ teils sehr berechtigte Interessen hatten: Eine drohende Abschaffung der Stehplätze hätte den Stadionbesuch erheblich teurer gemacht und die Anstoßzeiten lagen häufig so, dass für den Besuch von Auswärtsspielen Urlaubstage genommen werden mussten. Faninitiativen problematisierten solche Themen. Und die ersten sozialpädagogischen Fanprojekte verliehen den Fans eine institutionelle Stimme.

Heute erheben Fans mehr denn je den Anspruch, mitreden zu dürfen, wenn es darum geht, in welche Richtung sich der Fußball entwickelt. Das betrifft in erster Linie Entscheidungen, die ihre direkte Lebenswelt betreffen, wie z.B. die Ticketpreise, geht aber auch darüber hinaus, wenn eine stärkere gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs angemahnt wird. Das Thema Dialog mit Fans hat in den vergangenen 15 Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Es sind vielerorts Strukturen und Formate entstanden, bei denen Fans gegenüber Vereinen, Verbänden und teilweise sogar gegenüber der Polizei ihre Vorstellungen artikulieren können. Wir wollen dazu beitragen, diese Ansätze zu verstetigen und weiterzuentwickeln.

Denn wir sind der festen Überzeugung, dass die Förderung und Stärkung von Dialog und Partizipation richtig und wichtig sind: Der Fußball hat eine besondere gesellschaftliche Strahlkraft. Die große Begeisterung von vielen Millionen Menschen für den Fußball und ihre hohe Identifikation ist Quelle für eine enorme Bereitschaft zum Engagement. Im Stadion kommen  – trotz aller Ausschlüsse die nach wie vor bestehen (siehe Vielfalt & Antidiskriminierung) – viele unterschiedliche Menschen zusammen. Mit Förderung von Dialog und Partizipation meinen wir letztlich, diese unterschiedlichen Menschen miteinzubeziehen. Wir wollen demokratische Prinzipien im Feld des Fußballs anwenden und verbinden damit den Wunsch, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Hier liegen besondere Potenziale – sowohl für den Fußball als auch für die engagierten Menschen.

Ganz gleich ob es um die große Frage geht, in welche Richtung sich der Fußball in Zukunft entwickeln soll, oder um Detailfragen der Organisation des Spieltags im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit: Fans (in mit all ihren unterschiedlichen Hintergründen), Clubs, Verbände aber auch Polizei und Kommunen – sie alle haben ihre eigenen Vorstellungen und Perspektiven. Unser Anspruch ist es, dass sie gleichermaßen gehört werden und gemeinsam Wege und Lösungen gefunden werden. Wir wollen durch Dialogformate und andere innovative Formen der Zusammenarbeit und des Austausches Wege finden, dass alle ihre Perspektiven einbringen können, damit Fußballspiele sicher, inklusiv und nicht zuletzt attraktiv bleiben.

Davon können alle profitieren: Durch Beteiligung werden Konflikte und Eskalationen frühzeitig vermieden, Lösungen gefunden, die allen gerecht werden und parallel die Identifikation der Fans mit Fußball und ihrem Verein gestärkt. Vor dem Hintergrund, dass jene Fans, die sich besonders stark im Fußball engagieren, häufig Jugendliche oder junge Erwachsene sind, eröffnet sich zudem die Möglichkeit, Demokratie in einem Feld zu erlernen, das diese jungen Menschen begeistert und fasziniert.

 
 

Mediation und Konfliktbegleitung 

Im Fußballkontext kommt es immer wieder zu Konflikten – zu einer scheinbaren Unvereinbarkeit von Interessen, Meinungen, Positionen, Wertevorstellungen, Zielen o.ä.: sei es z.B. zwischen Ultras und ihren Clubführungen, zwischen Polizei und Fanarbeit, im Netzwerk oder auch innerhalb der einzelnen Organisationen, Institutionen und Gruppen.

Oft geht es dabei oft um

·      Fehlinformationen und Missverständnisse,

·      mangelnde Anerkennung und Wertschätzung,

·      fehlende Kommunikation,

·      Rollenunklarheiten,

·      Gruppendynamiken

·      sowie Machtunterschiede.

Die verschiedenen Gruppen von Menschen, die sich alle rund um den Fußball bewegen, tun dies aus unterschiedlichen Bedürfnissen und Richtungen heraus. Selbst wenn sie die gleichen Begriffe verwenden, wie z.B. „Sicherheit“ oder „Fanrechte“, verstehen Ultras oder Sozialarbeiter*innen meist nicht dasselbe darunter wie Polizist*innen oder Veranstaltungsleiter*innen. Sie sprechen nicht die gleiche Sprache und oft auch nicht „auf Augenhöhe“ miteinander. Was vereint? Was entzweit? Wenn hier der Kontakt und die Kommunikation abbrechen, können Konflikte nicht konstruktiv geklärt und Verständnis füreinander aufgebaut werden. Widerstände oder Kommunikationssperren zeigen, dass etwas im System hakt, dass in einer Interaktion zwischen Menschen ggfs. eine Selbstwertbedrohung wahrgenommen wird.

KoFaS – als neutrale, allparteilichen Instanz im Feld - versucht an dieser Stelle im Netzwerk genauer hinzuschauen, Brücken zu bauen, wieder ins Gespräch zu kommen oder zwischen „den Welten“ zu vermitteln. Je nachdem wie weit ein Konflikt fortgeschritten bzw. wie weit dieser eskaliert ist, greifen verschiedene Mittel und Methoden. Ob Konfliktmoderation oder Konfliktcoaching, Pendeldiplomatie und Mediation - KoFaS arbeitet nicht nur präventiv, sondern auch bei der Intervention, der Konfliktbearbeitung und -lösung rund um den Fußball.

Dabei vertreten wir die Auffassung, dass die einzelnen Parteien selbst in der Lage sind, ihre Konflikte zu lösen. Auch die Verantwortung und das Wissen um den Konflikt liegt bei ihnen. Allerdings befinden sich Menschen in Konfliktsituationen in der Regel in Ausnahmezuständen, kognitive Fähigkeiten sind somit eingeschränkt. KoFaS kann methodisch verschiedene Impulse setzen, damit die einzelnen Parteien aus ihrer Ohnmacht wieder handlungsfähig werden.

Wir sind der festen Überzeugung, dass Konflikte nicht per se als etwas Destruktives verstanden werden müssen. Sie bieten auch eine Chance für Veränderungen und Verbesserung im Umgang untereinander, der Kommunikation oder in der Zusammenarbeit miteinander.

 
 

Vielfalt und Antidiskriminierung 

Homofeindliche Gesänge, sexistische Diffamierungen, antiziganistische Aussagen, behindertenfeindliche Strukturen, transfeindliche Banner sowie Affenlaute als Beispiel für offenkundigen Rassismus im Stadion -  die Historie von Diskriminierungen im Fußball geht weit zurück und die Liste ist lang: sie reicht vom Platz über die Fankurven, zu den VIP-Loungen, über die Sponsor*innen bis ins Innere der Vereine und Verbände.

Als der Fußball begann sich Anfang der 1990-er Jahren mit Antidiskriminierung zu beschäftigen, waren es vor allem Fangruppen, Fanszenen und Zusammenschlüsse wie BAFF, die das Thema Rassismus auf die Agenda gesetzt haben. Auch die Fanprojekte haben dazu beigetragen, Antidiskriminierungsarbeit im Fußball zu verankern. In den vergangenen Jahren ist viel passiert. Nicht nur die Bearbeitung von Vielfaltsthemen hat sich ausdifferenziert und weiterentwickelt, mittlerweile erkennen auch Vereine und Verbände ihre soziale Verantwortung mehr an und engagieren sich für ein vielfältigeres Stadion und ein vielfältigeren Fußball.

Seit Gründung der KoFaS gGmbH im Jahr 2015 ist die Arbeit gegen Diskriminierung und für Vielfalt integraler Bestandteil unserer Arbeit. Dabei beschäftigen wir uns besonders (gern) mit Normzuständen und analysieren und beleuchten Strukturen, die zur Ausgrenzung führen sowie die Vielfalt im Fußball tendenziell verhindern. Ein thematischer Schwerpunkt unserer Arbeit lag dabei immer auf den Vielfaltsdimensionen Geschlecht und sexuelle Orientierung. In den Modellprojekten ‚Kicks für Alle! Fußball. Fanszenen. Geschlechtervielfalt.’ und ‚Vielfalt im Stadion – Zugang, Schutz und Teilhabe!’ haben wir uns bzw. beschäftigen wir uns mit der vorherrschenden Männlichkeitsnorm im Fußball und daraus folgenden Ausschlussphänomenen wie Sexismus und Queerfeindlichkeit.

Wir verstehen unsere Arbeit als Lernfeld, in dem wir uns auch selbst weiterentwickeln. Dazu gehören für uns interne Reflektionsprozesse, wie wir als Team und persönlich positioniert sind. Mit welchen Privilegien sind wir gesellschaftlich und im Kontext Fußball ausgestattet und welche Marginalisierungserfahrungen bringen wir selbst mit? Wir sind davon überzeugt, dass die Grundlage einer nachhaltigen und effektiven Antidiskriminierungsarbeit bei einem selbst beginnt.

Mit Vereinen, Verbänden, Fanprojekten und auch Fans arbeiten wir daran, die Strukturen im Fußball nachhaltig so zu gestalten, dass noch viel mehr Menschen Zugang zum Fußball haben - sei es als Fans im Stadion oder in den Geschäftsstellen der Vereine. Verbände und Vereine gehören neben staatlichen Institutionen auch zu unseren Auftraggeber*innen sowie Zielgruppen.